7 Tage Stille – Tag 7

01. August 2005
Montag

7. Tag

10:04 Uhr

Eben habe ich die Buchhalterin getroffen. Wie Buchhalterinnen nun mal sind, wurde ich direkt zum Blumenzupfen ab kommandiert. So was nehme ich ja dankbar an. Vorher durfte ich ja nie. Hat sie aber nicht sonderlich interessiert und mich erstmal zusammen gefaltet. Macht mir aber Nichts und hat mich auch nicht gestört.

Vermutlich werde ich gleich zu irgend einer anderen Arbeit ran gezogen.

Mein Flugvolk belagert mich wieder. Na, die sind wieder nett und wollen ein Schwätzchen halten, hab zu tun gehabt, ging eben nicht. Ich überlege, was ich nachher noch machen kann, wenn ich einmal schon dabei bin. Vermutlich Löwenzahn aus dem Rollsplitt bei den Steinplatten ziehen. Mal schauen, ob mir das gelingt. Dürfte nicht so schwer sein. Wenn Dieter wieder da ist, frage ich ihn mal.

Heute kommt das Dach der Stupa. Die Spedition ist überfällig und Alle sind nervös. Aus Tibet. Bin ja mal gespannt. Die Kisten kamen direkt von Tibet nach Frankfurter Flughafen und von da mit Spedition ins Kloster.

Es wird Zeit, dass ich morgen wieder fahre, meine Gedanken fangen an, sich zu drehen und sind nicht mehr frei. Die Zeit hier geht zu Ende und es wird wieder hektisch in mir. Schade.

10:44 Uhr

Umgezogen, mit Kaffee gekleckert und versucht, meine Nervosität wegen morgen in den Griff zu kriegen. Das Leben hat mich bald wieder in den Griffeln.

Ach, da ging gerade die Buchhalterin und beäugte argwöhnisch die Blumen. Aber ich habe gut gezupft und so kann sie sich nicht wirklich beklagen. Ich überlege heftig, welche Lebensregeln es im Buddhismus dafür gibt, Toleranz und Geduld! Ja. Respekt und Achtsamkeit. okok. Mal versuchen!

Aus meinem Ring habe ich meinen Stein verloren. Sollte wohl so sein. Was soll’s, davon bricht keine Welt zusammen, schon mal gar nicht meine.

Die Sonne kommt langsam raus, es ist immer noch diesig und irgendwie bin ich lustlos. Mein Magen macht wieder Zicken und ich frage mich ob die Schreiberei überhaupt einen Sinn macht.

Ob ich überhaupt auf diesen Planeten gehöre? Oder ist das jetzt nur wieder die innere Unruhe wegen morgen?

Der Hausmeister ist wieder da und nun werde ich ihn mal fragen, was ich nun weiter tun kann, kehren, Unkraut zupfen usw.

Telefonklingeln irgendwo, Hundegebell, laute Stimmen…. Irgendwie ist das Alles nicht mehr so, wie zu Anfang, meine Zeit ist wohl langsam um.

Gerade kam der Lama und fragte, ob Alles ok ist. Ja, klar. Was soll ich auch anderes sagen? Dass ich lieber hier bleiben würde? Dass der Lärm schrecklich ist? Dass ich nicht nach Hause will? Tja. Als Zufluchtsort war es hier genau das Richtige. Eine Auszeit, nicht mehr, nicht weniger. Morgen heißt es wieder  „Ran an die Buletten“ und der Alltag und Kampf beginnt von Neuem.

Es fällt mir momentan schwer, etwas von diesen Tagen in den Alltag mit zu nehmen, so unwirklich erscheinen mir jetzt die letzten Tage. Mal schauen wie es gelingt und ob es überhaupt sein muss.

Mein Magen dreht durch.

18:00 Uhr

Nach einem kurzen Schläfchen, sitze ich hier mit meiner vorletzten Tasse Kaffee am letzten Tag auf meiner Holzbank und schreibe nochmals.

Total euphorisch motiviert habe ich den KOMPLETTEN Rollsplitt von Löwenzahn befreit. Ungeachtet der Tatsache, dass der Stechspaten am Ende kaputt war. Danach schweißnass, musste ich dann entdecken, dass zwei Blasen meine rechte Hand feierlich zierten. Der Stechspaten hatte wirklich ganze Arbeit geleistet.

Irgendwie habe ich mir ein Pflaster besorgt und die Steinstufen gefegt, die Stufen zur Waschküche runter und hinten wieder hoch. Mir von Dieter einen Rechen geben lassen und den Rollsplitt, am Buddha unter dem Baum gerecht, so gut wie ich nur konnte. Aber gesehen hat man nicht sonderlich viel, obwohl Dieter das ausdrücklich bejahte.

Danach hab ich was gegessen und auf dem Bett vor mich hin gedämmert, leicht frustriert, so ko. zu sein. Doch das Flugvolk ließ mich nicht in Ruhe und schwirrte mir penetrant um die Ohren. Irgendwann habe ich dann einen kurzen Schrei gelassen und gemotzt und da waren sie ruhig und haben sich  verkrochen. Ich glaube, die werde ich vermissen.

Die Kammer habe ich rausgesaugt, aufgeräumt, Bad sauber gemacht. Soweit ist Alles klar.

Die Zeit rast wirklich und egal wie es uns geht und was wir machen, es geht immer weiter. Die Zeit hält nicht eine Sekunde mal an, obwohl ich doch schon manchmal hier das Gefühl hatte. Es gibt Momente im Leben die haben einen ganz besonderen Glanz und fühlen sich an, als wenn sie für die Ewigkeit bestimmt wären.

Das Dach der Stupa ist endlich angekommen! Alle waren nervös, letztendlich waren es zwei kleine Kisten. Mehr nicht. Tja und ich dachte, großes Tamm-Tamm. Nein, falsch.

Heute waren auch Gäste, die schon einige Tage hier sind, in meiner Kammer, einfach mal zum schauen. Alle sprachen englisch und ein Tibeter (nehme ich an), ein älterer kleiner sympathischer Mann, schaute sich langsam um. Alle Leute bewegten sich um ihn und wollten erklären und machen und tun. Ich stand mit Dieter Draußen damit in der Kammer alle Gäste Platz hatten. Als sie wieder geschäftig nach Außen traten, lächelte besagter älterer Mann, verneigte sich mit gefalteten Händen und bedankte sich. Ich mit meiner knisternden Lidl-Tüte… was tat ich???? Ich machte das Gleiche!!!! Ich war von mir selbst erstaunt. Kaum zu glauben, automatisch und dabei fühlte ich mich auch noch wohl. Wirklich schräg, dachte ich, als Dieter mich anstarrte und grinste.

Mit dem Verwalter, dem Chef sozusagen, habe ich eben gesprochen. Ob ich das hier gefunden hätte, was ich gesucht habe, frug er mich. Natürlich! Ich bejahte es und bedankte mich noch mal für die freundliche und rücksichtsvolle Aufnahme, die Akzeptanz, dass ich für mich sein konnte.

Heute habe ich mich wohl doch verausgabt. Peinlich. Ich fühle mich nicht besonders und mir wäre es lieber, es wäre schon Dienstag. Hoffentlich dauert es morgen nicht zu lange, bis ich abgeholt werde.

Mein Geschirr&Co. habe ich schon wieder zurück in die Küche des Klosters gebracht, wo ich es mir ja ausgeborgt hatte. Brauche ich ja nicht mehr.

Was nehme ich von hier mit? Gedanklich!

„Tue das, was Du gerade tust, so gut wie möglich!“

Das nehme ich mit. Daran musste ich auch beim Löwenzahn und fegen dran denken.

[….]

20:45 Uhr

Gut, dass ich nicht länger hier bleibe. Ich vermisse das Gefühl geliebt zu werden, einfach so von einem Mann. Punktum.

[….]

Bin auf morgen gespannt und freue mich, endlich wieder nach hause zu kommen, obwohl ich diese Wohnung nicht mehr mag. Aber die wird umgeändert!!!! Werde mir jetzt noch den letzten Kaffee machen.

Was nehme ich noch mit?

Leiden ist eine subjektive Sache, Betrachtungsweise, etwas intimes, das uns Schmerz verursacht, aber das wir nicht kampflos und einfach so hinnehmen und ertragen müssen. Den Schmerz umwandeln, wenn man sich vor Augen führt, dass er rein gar nichts an meiner momentanen Situation ändert. Egal wie sehr ich leide, die Tatsachen ändern sich deswegen nicht.

Schmerz und Leid lähmt und schadet nicht nur uns, sondern auch den Menschen und der Umwelt, um uns. Sie leiden mit, wenn sie uns wohlgesonnen sind.

7 Tage Stille – Tag 6

31. Juli 2005
Sonntag

6. Tag

12:11 Uhr

Kaiserschmarrn ist ein Schmarrn. Total verkokelt, schwarz und matschig. Habe ich  wegwerfen müssen. Aber dafür riecht es jetzt klasse hier in der Kammer.

Draußen ist es stürmig und wechselhaft. Eben habe ich gesehen, dass der Mann mit dem Wohnmobil ein BM-Kennzeichen hat. Die Welt ist eben doch winzig!

[….]

Wie weit kann man von seinen Vorstellungen und Wünschen, was das zwischenmenschliche angeht, abrücken und trotzdem zufrieden und glücklich sein? Hat man keine genaue Vorstellung oder Erinnerung, ist das einfaches. Aber Jeder hat seine Schablone in sich, auf welchen Typ Mensch er „anspringt“. Diesem Gefühl sollte man auch vertrauen, solange es sich noch in einem realistischen Rahmen abspielt.

14:25 Uhr

Ich lese gerade ein anderes Buch, in dem es darum geht, sich den Prinzipien des Buddhismus zu verpflichten. Mitgefühl, Hilfsbereitschaft usw. im Sinne von Buddha. Ist ja schön und gut, aber im Sinne von Anbetung usw. wohl irgendwie für mich nicht das Wahre. Meditieren, beten und das Alles ist auch ok. Aber: Vorschriften über Vorschriften, wie man beten, wie man meditieren soll, was man beten soll, welche Worte ausgesprochen werden sollen usw.. Im Grunde ist das nicht viel anders als in unserem Glauben. Zwar gibt es im Buddhismus Freiheiten, aber auch wie in unseren verschiedenen Glaubensrichtungen, gibt  es hier auch verschiedene Richtungen. Wobei mich persönlich stört, dass ein vormals lebendiger Prinz angebetet wird, der Alles verlassen hat, um zu helfen und erleuchtet wurde. Kann sich eine ganze Glaubensrichtung danach bewegen? Machen die Christen das nicht auch mehr oder weniger? Wobei Buddha wirklich gelebt hat und es auch realistischer ist, als Jesus, der teilweise als Gott angebetet wird. Empfinde ich so. Aber letztendlich tut sich da nicht besonders viel. Nur das im Buddhismus die Menschen ehrlicher und einfacher zu sein scheinen und nicht so doppelmoralisch sind. Aber der Eindruck kann täuschen, wie überall.

Das Gefühl, dass diese Religion spiritueller ist, als unsere, ist nicht so schwer. Alleine die Begriffe klingen melodischer als bei uns.

Der Dalai Lama schrieb sinngemäß, solange wir Mitgefühl, Achtsamkeit, Respekt und Liebe für unsere Mitmenschen entwickeln, brauchen wir keine Religion, keine Tempel usw., unser Herz und unsere Seele sind unser Tempel. Mehr braucht man dazu nicht zu schreiben, zu sagen, zu denken!

[….]

Manche Menschen wissen nicht, was in ihnen schlummert, wohl die meisten nicht, weil sie sich von ihren erlebten Erfahrungen und Verletzungen nicht befreien können.
Dabei, so habe ich hier gelernt, ändert unsere Trauer, unser Schmerz, unser Leid, das wir fühlen, nichts an den Umständen und der Tatsache, dass es so ist wie es ist.
Unser Schmerz verändert nicht die Lage, in der wir sind, dreht die Zeit nicht zurück. Das einzige, was uns hilft, ist die Erkenntnis, es beim nächsten mal anders zu machen. Man kann nicht alles Leid abwenden, aber eben daraus lernen, wie man damit umgeht und die Gefühle anders leitet und nicht mehr leidet. Einfach ist das nicht, aber es funktioniert wirklich und ist tröstlich.
Auch die Visualisierung, wenn man sich in einer schwierigen Situation befindet, dass man ganz bewusst denkt und sich sagt, dass man diese Situation meisten will und auf sich nimmt, so dass andere Menschen, die in eine ähnliche Situation gelangen, nicht mehr so leiden müssen, ist hilfreich. Stellt dann aber die Frage in den Raum, leiden diese Menschen dann nicht mehr so, weil diese Erfahrungen schon mal durchlebt und gelöst wurden und so auf alle Menschen übergeht, oder aber ist das Leid was ich dann ganz bewusst auf mich nehme, auch das der Anderen, welches ich dann ertrage und ihnen abnehme?
Ich nehme das auf mich, damit andere Menschen später mal in einer ähnlichen Situation nicht mehr genauso leiden müssen.

[….]

15:48 Uhr

Der Wind fegt hier ganz schön. Den Grillen scheint das zu gefallen, die machen richtigen Krach. Die Sonne scheint und es ist recht laut durch den Wind.

Tja, morgen noch und dann ist diese Woche auch wieder vorbei. Die Zeit rennt und Nichts ist für die Ewigkeit. In 5 Jahren wird Niemand mehr wissen, dass ich hier war. Alles ist vergänglich und wir halten uns an vermeintlichen Kleinigkeiten auf, anstatt etwas positives für die Zukunft zu tun und für die Menschen, die z.B. in 5 Jahren hier sind. Es gibt wohl nicht so viele Menschen, die ihr Leben danach ausrichten, bzw. dem Wohle Aller widmen. So was hat Bestand und daran wird man sich auch erinnern.

Ich überlege mir heute schon den ganzen Tag, wie ich meiner Tochter so etwas vermitteln soll. Kinder sind materiell eingestellt. Ganz davon los sagen kann man sie nicht. Ihr Leben hängt gefuehlsmäßig von Kleinigkeiten ab, ich weiß ja noch wie es bei mir war, in ihrem Alter ungefähr.

[….]

17:53 Uhr

Das Wetter zwingt mich zum Kammer-Tag. Zuerst hatte ich ja schon Probleme hier in der Kammer, aber wenn man will, gewöhnt man sich an Alles! Mittlerweile ist es richtig ok.

Das Leben kann trotz allem Schmerz und Leid recht schön sein, auch gerade dann, wenn man akut am leiden ist.

[….]

Habe schon Einiges eingepackt, Kaffee gemacht und Fotos von mir. „mal im Kloster“ wer hätte das jemals gedacht? Der BM’ler ist weiter gefahren. Die Sonne ist wieder da, aber es hat geregnet. Also wieder raus? Langsam wird es wirklich schräg. Es ist auch kalt und das ständige raus und rein hat schon für einige Nießereien gesorgt.

Da fällt mir ein, dass mein Flugvolk heute gar nicht so penetrant war. Ob es denen zu windig ist?

Gesternabend wäre ich beinahe auf zwei Schnecken getreten. Eine dunkle vorne und eine hellere direkt hinter ihr. Sah komisch aus. Ob die solche Kolonnen öfters machen? Wo die wohl hin wollten. Sie krochen Richtung Terrasse, vom Teich weg. Eigentlich sollte ich mal täglich meine Schuhe kontrollieren. Man weiß ja nie.

19:10 Uhr

Habe noch Fotos gemacht. Jetzt ist es aber so kalt, dass ich Mühe habe zu schreiben, so kalt sind meine Finger geworden, richtige Eiszapfen.

Heute kam auch Besuch und der ist aber mit dem Lama ins Kloster verschwunden. So habe ich hier wieder meine Ruhe. Im Nachhinein kann ich nur sagen, dass mein Wunsch nach absoluter Stille und Ruhe vollkommen respektiert wurde. Das macht mich schon sehr zufrieden und froh, weil ich mir anfangs noch gar nicht sicher war, ob das hier gewollt ist.

Buddhismus kann eine sehr friedvolle, auch zurückhaltende und stille Achtsamkeit Allem gegenüber sein, die Geduld hat und warten kann. Mitunter erreicht man so mehr, als wie mit Zwang und Drängeleien. Es wäre aber verkehrt anzunehmen, dass abwarten eine Form mit Hintergedanken wäre. Den gibt es hier nicht. Es wird respektiert und etwas so genommen wie es ist.

Ich denke, wäre ich noch ein paar Tage länger hier, würde ich auch bei den Meditationen mitmachen. Aber momentan ist meine Zeit noch nicht ganz reif dafür.

Ich habe das Dank Elmar hier entdeckt und gewagt und vor allem dank meiner Eltern überhaupt erst wagen können und bin sehr froh darum. Ich habe viel gelesen, gemalt, mich absolut zurück gezogen von Allem, die Sucht nach Zigaretten nicht dran gegeben, viel Radio gehört, viel Positives erfahren, viel über mich gelernt, liebe Menschen getroffen und an einem überaus spirituellen Ort einige Tage gelebt.

Misstrauen ist kein guter Wegbegleiter. Vorsicht im gewissen Sinne ist für uns normal lebende Menschen wohl ein Schutzfaktor, der in uns steckt. Blinder Optimismus und Gutgläubigkeit sind zwar irgendwo auch löblich, aber nur dann erfreulich, wenn sie nicht ausgenutzt werden und das ist ja leider meistens der Fall.
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7 Tage Stille – Tag 5

30. Juli 2005
Samstag

5. Tag

9:13 Uhr

Letzte Nacht hat es ziemlich heftig geregnet. Die Türe schließe ich immer zu. Abends fühle ich mich doch nicht so wohl, wie vielleicht normal wäre, dank der etwas unüberlegten Bemerkung der Sekretärin, dass mal eingebrochen wurde  [was sich später aber Alles geklärt hatte und gar nicht so war].

Ich habe Gesternabend noch eine sms von Elmar erhalten. Es geht ihm wohl nicht gut. Aber er wollte auch nicht damit rausrücken, was er hat. Man kann Niemanden zwingen, etwas von sich selbst und seinen Problemen preis zu geben. Aber wenn Jemand da ist, der sich für einen interessiert, sollte man das annehmen können. Man kann sein Leben nicht verstecken und verjagen. Und alleine schafft man eh Nichts. Alle Menschen auf diesem Planeten leben in einer Verbindung und Abhängigkeit. Ob gefühlsmäßig, materiell oder gesellschaftlich. Wirklich freie Menschen gibt es nicht. Vielleicht ein paar die nicht abhängig sind von anderen Menschen, aber von der Natur alle male.

Letzte Nacht habe ich von Ed geträumt. Aber eben nicht so wie sonst immer. Der Traum war nicht mehr belastend, traurig und frustrierend, nach dem aufwachen wie sonst. Sonst konnte ich das nur schwer ertragen und hatte tagsüber damit zu kämpfen. Heutefrüh war es absolut ok, hat nicht mehr meine Gefühle durcheinander gebracht und fühlte sich absolut neutral an. Das zeigt mir nur, dass ich jetzt auch im Unterbewusstsein drüber bin. Ein Grund zur Freude!

Die Schnecke hat es überlebt, war eben gucken. Sie ist von dannen gezogen.

Jetzt fegt hier ein kalter Wind, so dass ich meine Jacke holen musste. Momentan sitze ich noch im Schatten, aber das wird sich gleich ändern, wenn die Sonne ums Kloster wandert. Hoffentlich wird es wärmer. So wie gestern. Dann kann ich mich wieder in der Sonne aalen. Dass ich so zum Sonnenanbeter geworden bin, wundert mich. Früher habe ich die Sonne nicht vertragen.

Der Teich steht jetzt in der Sonne. Fisch müsste man sein. Morgens und Abends im kühlen Nass, Sonne den ganzen Tag, windgeschützt und immer was zu essen, ohne etwas dafür wirklich tun zu müssen. Aber abhängig sind sie auch, von der Achtsamkeit des Klosters, dass sie regelmäßig gefüttert werden.

Wenn ich es mir recht überlege, steht Alles zu Allem in einer Abhängigkeit. Wir zu unseres Gleichen, zur Natur, die Erde zur Sonne, die Sonne zum Universum. Würde das Alles nicht ineinander funktionieren, gäbe es uns gar nicht, was wohl auch kein großer Makel wäre, dann wäre die Erde immer noch ein Klumpen flüssige Lava und würde durch das Universum eiern, oder auch nicht. Die Frage ist, ob das so oder so „geplant“ war. Sonne, Erde, Menschen, Gefühle, Liebe, Leid usw. Kann ich mir nicht recht vorstellen. Und jetzt aus einem „Fehler“ heraus, sitzen die Menschen auf einer kleinen eiförmigen Kugel und erfinden unnützen Kram und Spielchen und entwickeln Anomalien. Werden immer unzufriedener und erfinden so etwas wie Politik, Industrie, Gesellschaftsregeln, Gesetze, Normen, Rechte und Pflichten, um überhaupt ein bisschen miteinander leben zu können. Wie Tiere, die zu hoch gezüchtet wurden, ist die Menschheit geworden. Klare Grundlagen im Umgang miteinander, Grundregeln, wie sie in Jedem von uns stecken, werden verdrängt. Es gibt sie nicht mehr und wir brauchen Regeln & Co. von Außen.

Alles ist auf das Außen gerichtet und selbst in den eigenen vier Wänden geht dieses Spiel noch weiter. Abgesehen von unserem Innen selbst, aber selbst da geht es weiter. Die Natur kümmert sich einen Kehricht darum, welche Vorstellungen wir von etwas haben, welche Wünsche, Bedürfnisse und Gedanken. Sie ist einfach da, weil sie in einer Bindung zur Erde steht. Ohne wenn und aber. Wir sind größenwahnsinnig und machen uns Alles Untertan und sehen unsere Bindung nicht mehr. Anstatt kleinlaut und demütig zu sein, vernichten und plündern wir und fühlen uns da auch noch im Recht.

Der Mensch ist nichts Anderes als ein etwas anders geratener Baum, eine Blume, ein Grashalm, ein Stein. Wir haben in der Entwicklung einen anderen Weg genommen, weshalb auch immer. Das macht uns aber noch lange nicht zu etwas Besserem oder Besonderem. Unterschiede in der Natur gibt es auch zu Haus, also weshalb ist unsere nur etwas besonderes?!? Wer wirklich denkt, dass die Entwicklung zum Menschen gewollt, geplant und etwas Besonderes wäre, irrt sich für mein Verständnis. Geplant war nie etwas. Nicht die Menschen, nicht die Natur, nicht die Erde und auch nicht die Sonne.

Wer sagt denn, dass das Alles real ist? Unser Bewusstsein kann uns genauso irren, wie ein Traum. Wer sagt, dass die Träume nicht die Realität sind und unser Wachzustand unser Schlaf ist?

Nichts ist real und Alles ist relativ und nichts von dem, was wir gerade Jetzt erleben, muss real sein. Wir dürfen nicht Allem was wir fühlen eine Bedeutung beimessen, als hing das überleben der Menschheit davon ab. Wahrnehmen und darüber nachdenken ist etwas anderes, hinterfragen ist wichtig.

Jeder bastelt sich seine Welt auf einem gemeinsamen Planeten.

12:43 Uhr

Die Sonne kommt und geht, zwei neue Besucher sind hier und der Lama hat wieder das Gespräch mit mir gesucht und gefragt, ob ich diese momentane Stille benötigen würde. Er war erstaunt, weshalb auch immer, als ich zustimmte. Mein Englisch reicht leider nicht dafür aus, so eine, meine Phase zu erklären. Leider. Die Frage ist, ob man generell reden muss. Ich hatte eher das Gefühl, als verstünde er mich vollkommen. Manchmal ist ein Schweigen mehr wert und aussagekräftiger, als jede Rede. Auch wenn sie noch so arglos und positiv gemeint sein sollte.

Bis jetzt hat es noch nicht geregnet. Die Rasenmäher in der Nachbarschaft dröhnen um die Wette und als ich heutefrüh in der Kirche war, fegten emsige Hausfrauen die Strasse und zupften Unkraut. Man könnte fast der Vermutung erliegen, dass es hier ein absolut idyllisches Fleckchen ohne Leid ist, an dem Alles in Ordnung ist. Aber das wäre trügerisch, denn das was man sieht, bedeutet nicht, dass es die Realität ist.

[…]

In wie weit hat man für seine Mitmenschen, wenn es um Gefühlsdinge geht, die Verantwortung? Macht sich Jemand Hoffnungen, die man nicht erfüllen kann, dann liegt es in meiner Verantwortung, dafür Sorge zu tragen, dass der anderen Person nicht so viel Herzleid geschieht, in dem dass sie zurück gewiesen wird. Wie oft muss man einen Menschen dann darauf hinweisen, wie die Realität aussieht? Nach 6 Jahren Beziehung zu Ed musste ich aufgeben. Er hätte vermutlich ewig so weiter gemacht und hätte nie etwas verstanden von den ganzen Hinweisen. Wie gerne machen sich die Menschen etwas vor? Bilden sich etwas ein und merken nicht, wie viel Leid sie sich und damit auch Anderen zufügen?

In Gefühlsdingen sind fast alle Menschen Neandertaler und folgen ihren einfachsten Grundprogrammen (wie doppelmoralisch, wenn man bedenkt, wie der Mensch sich über Alles stellt), die sie in sich tragen. Ein einfaches Denken, dass zum eigenen Sinn und Zweck dient, was nicht verkehrt wäre, würde es auch die entsprechende Verantwortung Anderen gegenüber mit ein beziehen. Aber der Mensch ist Egomane und denkt nicht daran, was er gedankenlos aus Eigennutz anrichten kann.
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7 Tage Stille – Tag 4

29. Juli 2005
Freitag

4. Tag

9:40 Uhr

Im Tempel wird noch gebetet, ich sitze auf meiner Holzbank, trinke meinen Kaffee und höre Trommeln und Beckenklirren.

Bin gerädert. Irgendwie schlafe ich nicht gut. Habe mir vorgenommen, dass ich mir heute nicht so einen Stress mache, wie gestern. Eben dachte ich, ob da meditieren hilft. Aber ich denke, Jeder hat da seine ureigene Art, sich zu sammeln und zu besinnen.
Genaue Vorschriften finde ich unpassend, lassen keinen Spielraum, sich selber kennen zu lernen. Hilfestellungen kann es geben.

Trommeln und Beckenklirren erzeugen in mir momentan kein entspannendes Gefühl. Bisher ist mir das gar nicht so aufgefallen, aber ich denke, es wird schon einen Grund haben, weshalb ich solch eine Meditationsstunde oder Gebetsstunde nicht besuche. Vielleicht ein anderes mal. Das wird, so hoffe ich, nicht das erste und letzte mal gewesen sein, dass ich hier bin.

So langsam versucht sich die Sonne durch zu kämpfen. Wäre toll, wenn es heute wieder sonnig werden würde.

Ich frage mich gerade, wie sehr ich mich abschotte. Ob man das hier akzeptiert? Aber vermutlich wäre schon etwas gesagt worden. Muss man denn an verschiedenen Leben teilnehmen? Kann man nicht einfach mal daneben stehen und das war’s? Muss man immer mittendrin stehen und mit mischen? So oder so, es gibt Extreme.
Der Eine, der auf allen Hochzeiten tanzen muss, nichts auslassen kann und Angst hat, er würde etwas verpassen, was sein leeres Leben irgendwie füllen könnte. Der Andere, der sich von Allem abwendet, für Nichts mehr einen Blick hat, den Nichts mehr interessieren kann, dem Alles weltliche zuviel und zuwider ist. Zu keiner Sorte gehöre ich. In jedem Leben gibt es solche und solche Phasen. Die erstere habe ich eh schon hinter mir. Und was hat sie gebracht? Erfahrungen und die Weisheit dass ein Hetzen nach innerem Reichtum nichts damit zu tun hat, was man Alles macht und „mit nimmt“. Weisheit kommt mit dem Leben, den gemachten Erfahrungen, vor allem aber nur dann, wenn man sich nicht verschließt.

12:00 Uhr

Eben habe ich Unkraut gezupft. Eine tolle Arbeit! Wenn sie nur etwas länger dauern würde. Ich frage D. schon immer, ob ich ihm helfen kann, aber ich darf nicht, ich soll mich ausruhen und Urlaub machen. D. arbeitet wie ein Wilder, und das als Hausmeistergehilfe. Das ist unglaublich. Ich denke, er ist mehr Buddhist in seiner Art, als er weiß. Von Grund auf ein lieber Mensch. Also nehme ich sein „Nein“ jetzt mal so hin und warte auf kleine Momente, in denen ich dann doch mal etwas machen kann.
Die Sonne schafft es heute nicht ganz raus und es sieht nach Regen aus. Dabei wollte ich mich noch etwas sonnen, den Gedanken nach hängen, die Natur hören und einfach nur da sein.

Jetzt habe ich mal den Platz gewechselt, von der Holzbank auf die Terrasse und bekomme natürlich auch hier direkt Besuch von meinem „Flugvolk“. Eine Schnecke kriecht unter dem Tisch, mehr schlecht als recht und ich frage mich, ob ihr das nicht irgendwie unangenehm ist auf den Betonplatten. Irgendwie scheint sie nicht voran zu kommen. Ich starte eine Rettungsaktion!!!

So, erledigt. Man, den Schleim kriegt man ja gar nicht mehr von den Fingern! Da hilft ja kaum noch was. Bis dato hat sie sich noch nicht wirklich von dem Steinchen bewegt, auf dass ich sie gesetzt habe. Hoffentlich habe ich sie nicht umgebracht. Nachher werde ich noch mal schauen.

Jetzt ist hier soweit Alles wieder ruhig, die Sonne ist da und ich überlege mir, ob ich mir ein Sonnentop anziehen soll. Aber nachher empfindet man das hier als nicht angebracht.

16:25 Uhr

Habe in der Sonne gedöst und bin eingeschlafen… Eben etwas gegessen und nun sitze ich mit meinem Kaffee wieder in der Sonne und schreibe. Der Tisch hier ist noch halb nass und gerade kam eine Wespe. Bienen gibt es hier ohne Ende, die ich auch ständig beobachte, aber Freitagnachmittag arbeiten die wohl nicht mehr so viel, das Brummen und Summen ist kaum zu hören.

Eben habe ich den Lama am Mülleimer getroffen. Wir haben uns nett unterhalten, soweit das auf englisch möglich war und dann ist er wieder in sein Reich verschwunden. Ein Mensch mit einer besonderen Ausstrahlung. Wenn man ihm gegenüber steht, geht einem das Herz auf. Da kann man erleben, wenn ein Mensch mit sich uns Allem in Frieden und im Einklang ist.

Das Buch „Der leere Spiegel“ habe ich fast zu Ende gelesen. Schade, denn es war wirklich gut!

Mittlerweile kommen auch Schmetterlinge näher. Freut mich und ich beobachte sie. Wie sie hektisch umherflattern. Welche Unterschiede es doch in den verschiedenen Arten gibt. Bienen und Hummeln haben eine ruhige Art, Fliegen sind schon hektischer, schneller, Schmetterlinge leichter aber auch hektisch. Und die Libellen hier? Die sind voller Energie und geben richtig Gas, haben aber auch eine gewisse Erhabenheit und Gelassenheit.

Das Kloster habe ich jetzt für mich allein und außer den Nachbarn, ist es wieder total ruhig.
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7 Tage Stille – Tag 3

28. Juli 2005
Donnerstag

3. Tag

8:00 Uhr

So früh noch. Ich habe schlecht geschlafen und dachte mir, was wohl wäre, würde hier Jemand einbrechen. Kein schönes Gefühl, wo man sich ja eigentlich erholen sollte.

Gestern hatte ich mir noch nachmittags meine Malsachen geschnappt und bin zur Kirche runter gelaufen, um sie zu malen.

Dort hat mich dann mittendrin G. abgefangen und wir sind nach St. Jost gefahren, dort in die Kapelle. Danach sind wir durch den Wald gelaufen. Wie lange weiß ich gar nicht mehr, nur war ich froh, als es anfing zu regnen und wir umkehren mussten. Ich hatte die falschen Schuhe an und es war Quälerei.

Nun habe ich einen unglaublichen Sonnenbrand. Ich hoffe mal, aus rot wird braun, das hieße, ich wäre so was von braun, wie bisher noch nie.

Gesternabend hatte ich eine Krise. Ich war ko. und total fertig. Ich habe mich allein gefühlt und mir wäre es lieber gewesen, Jemanden da zu haben, der mich mag, den ich mag, einfach so. In letzter Zeit habe ich erfahren, was es heißt, wenn man in Krisensituationen und Krisengefühlen wirklich alleine ist und damit alleine fertig werden muss. Wenn Niemand da ist, der einem Halt oder ein offenes Ohr gibt. Das ist hart, aber es stärkt. Man lernt sich, seine Tiefen, seinen Schmerz sehr genau kennen.

Muss man sich immer über Beziehungen, Symbiosen, Verbindungen definieren?  Kann man das nicht aus sich Selbst heraus? Weshalb braucht man immer einen anderen Menschen dazu? Sind Menschen generell Herdentiere und sind die Einzelgänger, Eigenbrödler, Einsiedler nur Ausnahmen, oder bilden sie sich nur etwas ein, damit sie nicht auch leiden müssen?

Ist die ganze Glaubensschiene und -frage, Erleuchtung hin oder her, nicht Alles nur Einbildung? Phantasiert der Mensch sich in seinem Hirn etwas zurecht, um überhaupt irgendeinen Halt in seinem Leben zu haben? Weshalb braucht man einen Halt aus dem Glauben heraus, der eh nicht wahr, nicht real ist? Alles beruht auf Thesen, Erzählungen, aus irgendeiner angeblich gemachten Erfahrung, Erkenntnis, oder Erleuchtung. Der Mensch rennt diesen vermeintlichen Wahrheiten hinterher und will sie glauben. Niemand heutzutage hat das miterlebt oder selbst erfahren, was gepredigt und gebetet wird. Das was wir heute beten, erfahren und glauben sind Gedanken und unsere Wunschvorstellungen, wie wir uns etwas vorstellen, wie es sein soll.

Erzählt uns Jemand, dass verschiedene Eigenschaften glückseelig machen und inneren Frieden und Glückseeligkeit bringen, dann denken wir nicht weiter darüber nach und nehmen es liebend gerne so an. Sind wir, und das sind die meisten Menschen, harmoniesüchtig und wollen inneren Frieden finden (den man ja eh nie Außen finden kann), dann versuchen wir uns diese gepredigten Verhaltensweisen, bzw. Eigenschaften, bzw. Glaubensrichtlinien anzueignen und zu befolgen. Der Mensch ist ein Herdentier und befolgt brav das, was man ihm sagt, wenn man es nur richtig verpackt.

Besteht unser ganzes Leben nur aus blindem Glauben? Ich glaube mir etwas zurecht. Mache das für mich passend und zufrieden bin ich. Der Mensch leidet nicht gerne. Er kann Leid nicht einfach ertragen. Aber genau die innere fehlende Bereitschaft dazu, führt zu Handlungen und Ansichten, die wir uns aneignen, damit wir es einfacher haben und nicht mehr so leiden brauchen.
Aber: durchdringen und durchleben wir unser Leid ganz bewusst, ohne schlechte Gefühle im Vorfelde, einfach unvoreingenommen, aber neugierig… gäbe es dann überhaupt einen Glauben??? Bräuchten wir den???

Wir tragen allumfassendes Wissen in uns. Wäre uns das bewusst, wüssten wir, dass Leid eine andere Form von Freude ist. Unlogisch? Nein. Nicht die angenehmere, der Gegenpart, aber der wichtigere. Wenn uns das bewusst wäre, bräuchten wir nicht mehr unser Leben dafür aufzuwenden, Leid abzuwenden. Es gäbe kein Leid mehr, wie wir es definieren würden. Ein anderes Leid gibt es nicht.

Ich stelle einfach mal die These auf, dass kein Mensch Gebote, Verbote, Normen und Glaubensrichtlinien brauchen würde, würde er sich auf seine ureigene Intuition besinnen. Dort liegen alle Informationen, die wir benötigen, um glücklich zu werden und Frieden zu finden.

In jedem Menschen steckt das gleiche Empfinden von Gut und Böse. Die Einen haben Zugang zu ihrem Ich, die Anderen nicht. Wir sind aber in diesem Punkt alle gleich und es gibt keine Unterschiede. Es gibt nur den Unterschied darin, wie weit wir in unser Selbst schauen wollen.
Menschen, die negativ behaftet sind, haben Angst vor ihrem Selbst, weil sie dann unweigerlich die Verantwortung sehen würden, die sie sich und allen Anderen gegenüber tragen. Sie müssten sofort handeln, rein instinktiv und könnten gar nicht anders. Im Grunde wissen sie das auch und verdrängen sich und Alles. Aber wo kommt die Kraft zum verdrängen her?

Alle Gefühle, Emotionen, die wir haben, können wir bearbeiten. Vornehmlich verdrängen wir. Weshalb auch immer. Zulassen ist wie Loslassen, eines der schweren Gefühlstaten, die wir kaum beherrschen. Wir sind immer auf der Suche von Außen nach Innen, Zufriedenheit und Glück zu erfahren. Das wird niemals so funktionieren, wie wir meinen, dass wir das bräuchten. Die Menschen bilden sich zuviel ein, wie wichtig ihr Seelenheil, ihre Glückseeligkeit ist. Glücklich werden kann man nicht von Außen nach Innen, das ist schon gar nicht abhängig von anderen Menschen.

Weshalb muss man lieben? Liebt man nur, weil man dann im besten Fall zurückgeliebt wird? Ist das also unbewusste Berechnung? Einfach ist es zu sagen „das ist so!“ oder „so sind die Menschen, das steckt in den Genen“ oder „das gehört zur Fortpflanzung“.
Unser heutiges Bewusstsein kann so manches intuitive Instinktverhalten grundlegend verändern, ja sogar abschalten. Also weshalb sollte man sich nun darauf berufen, dass es in diesem Fall die Gene & Co. wären? Man könnte glatt sagen, lieben aus dem Bedürfnis heraus, ist Egoismus. Aber negativ ist das nicht zu werten. Wobei generell nicht zu werten ist. Vielmehr stellt sich die Frage, wie wirklich wichtig uns die Befriedigung eines solchen Bedürfnisses ist.

Die meisten Menschen leiden dadurch und betrachten gerade dieses Leid als duldbar. Sie nehmen es hin und lassen es zu. Weshalb geht das nun aber nur bei diesem einen Leid aus Liebe und z.B. nicht aus Habgier, oder Hass, Missgunst oder Neid?

Alle Eigenschaft außer die Liebe (obwohl die Frage ist, ob Liebe im allgemeinen Sinne überhaupt eine Eigenschaft ist) ist aus negativen Gefühlen geboren. Diese zu ertragen würde bedeuten, wenn man Opfer ist, das man sich auf das Leid des Menschen einlässt, der solche Taten vollbringt. Mitunter sind wir als Opfer dazu gar nicht in der Lage. Hätten wir wohl ähnliche Erfahrungen, auf diesem Gebiet, würden wir das teilnahmsloser betrachten und auch eher hinnehmen. Die Täter-Opfer-Rollen sind ausschlaggebend für unser allgemeines Verständnis füreinander. Ein Opfer würde normalerweise niemals versuchen, den Täter zu verstehen. In jeder Hinsicht spalten sich die Menschen zwischenmenschlich, gesellschaftlich, in ihrem Sein, ihrer Darstellung/Selbstdarstellung, Empfindung, im Umgang mit sich und dem Umfeld, als Täter und Opfer. Einklang wird es nie geben, da er ja in uns nicht vorhanden ist.

Ob die Tiere hier anders sind, als bei mir? Wie viele Bienen & Co. sich schon auf meine Finger gesetzt haben, weiß ich gar nicht mehr, Fliegen, Bienen, Wespen, und anderes Getier. Heute früh war eine Katze hier. Deren Haufen ist wohl der, der vor meiner Tür liegt. Sie erschreckte sich, als ich sie rief, kam nicht zu mir. Sie war wohl doch zu überrascht. Aber es ist schon wirklich erstaunlich, wie sich hier das ‚Flugvolk‘ verhält.

Ich beobachte sie gerne und höre auf die Vögel, den Wind und Alles um mich. Meditieren brauche ich gar nicht. Die Geräusche der Erde sind Meditation genug, wenn man hinhört.

Der Wind geht momentan extrem stark und die drei riesigen Tannenbäume am Teich biegen sich. Der Wind sorgt für Kälte, obwohl die Sonne richtig brennt.

Gesternabend war das TV hier. Es wurde eine heilige buddh. Messe abgehalten. Ich war nicht dabei und wollte es auch gar nicht. Glauben im menschlichen Sinne bedeutet immer Zwang. Auch wenn im Buddhismus hinterfragt werden soll, so wäre es Augenwischerei, würde man annehmen, man könnte sozusagen glauben, wie man fühlte. Es gibt, wie in jedem Glauben, den wir kennen, ganz klare Richtlinien, Vorgaben, wie man sich verhalten soll, wie was wann zelebriert wird. Alles von Menschenhand für Menschen, die einen Rahmen, ein Fundament brauchen, um leben zu können. Da frage ich mich: Wer ist der ärmere Mensch? Der glaubt, ohne zu wissen? Oder der nicht glaubt, aber an sich selbst? Geht Beides? Jemand der an ‚etwas‘ außer die allgemeinen Religionen glaubt, aber doch an ‚etwas‘ und eben auch an sich selbst und ein Fundament von sich selbst aus gebaut hat? Ohne Hilfe irgendeines Glaubens?

Wie weit beeinflusst uns unbewusst  unser Wissen über all diese verschiedenen Religionen, in der Findung zu unserem ureigenen Glauben? Kann man das, was wir generell über diese Religionen wissen, einfach abschalten? Oder aber, ist dieses automatische unbewusste Wissen (durch Medien & Co. und Erziehung), in ihrer kompletten Gesamtheit, die Wahrheit in ihrer kleinen dünnen Form, in uns, das Fundament, oder das Samenkorn? Das würde bedeuten, dass wenn wir ja von allen Religionen immer ein bisschen, ein kleines Stückchen, erfahren haben, etwas darüber unbewusst in uns wissen und tragen, dass Alles zusammen erst die EINE Wahrheit ergibt, werden lässt und der Rest, durch unser in uns allumfassendes Wissen vervollständigt wird. Somit wären alle Religionen nur Puzzleteilchen.

Wenn der M

7 Tage Stille – Tag 2

27. Juli 2005
Mittwoch

2. Tag

9:45 Uhr

Jetzt sitze ich hier irgendwo im Feld, Raben kreischen um die Wette. Ich male und die Fliegen brummen hier vorbei. Ich wusste gar nicht, wie laut die sind, außerdem sehen sie ganz anders aus, als unsere. Ist der Himmel hier heller? Sieht aus wie am Meer.

Hoffentlich treffe ich hier Niemanden. Ich werde noch zum Einsiedler. Am liebsten ganz alleine, ohne eine Menschenseele. Aber vermutlich wird mir das auch noch auf den Senkel gehen. Wäre ja wünschenswert, sonst hätte ich zu Hause größere Probleme, als ich eh schon hatte.

Komisch… sind die Fliegen hier zutraulicher??? Ich schreibe und sie setzen sich auf meinen Schreibblock. Fotos habe ich eben gemacht, ich hoffe, sie werden was.

Wünscht man sich Stille, Ruhe und Menschenfreiheit, passiert natürlich das Gegenteil!!

Jetzt sitze ich hier schon in der Pampa und war froh, alleine zu sein und habe gehofft und gebetet, dass das auch so bleibt und was ist?!? Menschenaufläufe… Nicht genug, dass ich eine Horde von Fliegen unterhalten muss, oder auch nicht, nein, man muss sich wieder seinen Artgenossen stellen. Obwohl das eigentlich schon wieder Sinn macht. Würde ich hier absolute Ruhe und Stille finden, wäre das wohl für mich nicht das Wahre! Vermutlich käme ich dann irgendwann gar nicht mehr klar mit den Menschen. Wenn ich so darüber nachdenke, ist es schon irre… das mir. Ob ich irgendwann total abdrehe?!? Jetzt werde ich mal wieder ins Kloster zurück gehen und schauen, was dort so lost ist.

13:35 Uhr

Im TShirt in der prallen Sonne auf der Terrasse sitzend, mit roter Haut, frage ich mich, ob das schreiben irgendwohin führt. Der Drang dazu ist enorm. Kindergeschrei nebenan, der Hausmeister fegt, weil  das TV erst heute Abend wohl kommt.

Tausend Gedanken schießen mir durch den Kopf. Weshalb weiß ich die Anzahl der Fußplatten auf dem Weg noch nicht? Was macht der Katzenhaufen schräg links vor meinem Zimmer? Weshalb brennt hier die Sonne stärker als ca. 100km weiter? Weshalb ist es so unbeschreiblich ruhig und still hier? Weshalb sind die Fliegen hier so laut und so zutraulich? Schön sehen sie aus, eben saß eine auf meiner Hand und ich war überrascht, wie kühl sie sich anfühlte.

Kann man seinen Rhythmus sortieren? Seine Gedanken planen? Muss man dazu meditieren? Und wer schreibt es eigentlich vor, WIE man meditieren muss? Kann man nicht seine ureigene ‚Art‘ dazu finden?

Heutefrüh lag ich schon früh wach und überlegte mir, ob ich an der 8:00 Uhr-Meditation teilnehmen sollte. Wird das denn erwartet? Ich bin eh alleine hier. Sollte ich nicht hier sein, um zu MIR zu finden? Weshalb also mache ich mir Gedanken, was man von mir erwartet? Gefallen wollen? Wozu? Lebt man immer nur, als Makel ‚Mensch‘ in einer Symbiose, die man erfüllen MUSS?

Der Sinn des Lebens… DAS ist Un-Sinn! Der Sinn MEINES Lebens, das ist Sinn! Der steckt in Jedem. Wenn man sucht, findet man nicht. Eine Antwort darauf gibt es auch nicht. Der Sinn des Lebens kann nur gefühlt werden. Intuitiv. Nicht mehr, nicht weniger.

Stellt sich die Frage, ob das Alles nur hohle Gedanken sind, oder aber doch einen Zweck erfüllen. Zur Not, oder zum Glück, doch nur meinen.

Tausend Gedanken…. Wie unreal ist eigentlich unser Leben? Wir bilden uns immer ein, das Jetzt und Hier wäre real. Aber ein Haus weiter, ein Zimmer weiter, ist die Realität eine ganz andere. Also wie kann man behaupten, das Hier, das Jetzt ist real? Ist das nur eine rein subjektive Sache? Wozu es dann global betrachten? Sage ich ‚MEIN Hier und Jetzt“, stimmt es ja wieder.

Ist die Sprache ausschlaggebend für unser Denken? Beeinflusst unsere Sprache, den Umgang, die Art, wie wir denken?

Taucht man ab in die Gefilde der Gedankenwelt, verläuft man sich. Da ist die Frage dann immer wieder vorhanden, in wie weit kann ich meine Gedanken sortieren?

Jetzt wird gefegt und geputzt und aufgeräumt, fürs TV. Aber nachher kommt das Fernsehen doch nicht. Wie weit bin ich Pessimist?

17:03 Uhr

Eben gerade habe ich einen der beiden Lamas kennen gelernt. Ich bin beeindruckt!!! Sollte ich nun bei der Meditation heute Abend mitmachen? Irgendwas sträubt sich in mir. Vermutlich entwickele ich eine Antipathie gegen Zwänge. Oder es ist wirklich das Ungewohnte, Unbekannte. Alleine möchte ich das nicht, da fühle ich mich unsicher. Ich möchte nur meine Ruhe, alleine sein, nachdenken, schreiben und malen. In mich horchen, ich möchte nicht Müssen.

Mein Sonnenbrand ist extrem und tut weh. Gott sei Dank (dass ich das in einem Kloster so schreibe: ‚Gott sei Dank’…) ist G. die gute Fee [Reinemachefrau] mit mir in den Nachbarort gefahren und ich konnte mir Sonnencreme kaufen.

Mittlerweile sind hier viele Menschen und meine Ruhe ist hinüber. Was also soll ich machen?

Ich frage mich bei dem ganzen Glaubensbekenntnis, ob das meine absolute Richtung überhaupt ist. Das verwundert mich, denn bisher dachte ich immer, Buddhismus wäre ‚mein‘ Ding. Aber dem ist gar nicht so. So stelle ich das allmählich fest. Eigentlich erschreckend, weil ich viele Jahre davon ausging. Aber es wird auch eine Menge klar und Vieles erledigt sich so von selbst. Allerdings muss man sich dann auch wieder neu finden, was bedeutet, dass man wieder von Neuem auf die Reise gehen wird und/oder auch muss.

Ich frage mich nur, weshalb mich das jetzt so aus der Bahn wirft und mich total deprimiert. Im Grunde sollte es mir egal sein und ich sollte mich freuen, dass für mich etwas Wichtiges  klarer geworden ist. Vielleicht bin ich auch mehr Christ, als ich dachte und habe das nur nie erkannt. Alles Fragen über Fragen, deren fehlende Antworten mich unsicher machen. Wie tief kann man einen Glauben anerziehen? Wird man den jemals wieder los, auch dann, wenn man von selbst will, oder ist der tief in einem so verwurzelt, dass das nicht geht?

Elmar sagte mal, dass dieser Glauben, seinem am nächsten käme. Zuerst hat mich diese Aussage verwundert, weil ich dachte, entweder glaubt man christlich, oder buddhistisch, oder islamisch, wie auch immer. Aber nun verstehe ich das absolut und kann es auch nachvollziehen.

Ich möchte mit meinem Glauben zu rein gar nichts gezwungen werden. Entweder ich entscheide mich aus freien Stücken, oder ich entscheide mich dagegen. Man kann keinen Menschen zu irgendetwas zwingen, egal zu was.

Sollte das Leben aus absoluter Doppelmoral bestehen, überall?
[…]

Woran erkennt man, wenn man eigenverantwortlich für seine Gefühle ist? Woran erkennt man das? Kann man seine Gefühle wirklich steuern? Kann man einfach sagen „Ich will nicht!“, obwohl man doch will? Beeinflusst mein Kopf-Nein-ich-will-nicht-Gedanken, mein Gefühl ‚Ja ich will‘? Was ist denn stärker? Richtet sich das danach, was für ein Typ Mensch wir sind? Und was bedeutet eigentlich ‚was für ein Typ Mensch‘? Welche Unterschiede gibt es? Haben Kopfmenschen keine Gefühle, oder nehmen sie diese, also auch sich selbst, einfach nur nicht ernst? Haben Gefühlsmenschen kein logisches Denkvermögen mehr, oder stecken sie einfach den Kopf in den Sand und warten ab, was logischerweise passieren muss? Also sind Gefühlsmenschen weltfremder als Kopfmenschen?

7 Tage Stille – Tag 1

7 Tage Stille

Tagebuch

26. Juli 2005
Dienstag(Ankunftstag)
1. Tag

21:30 Uhr
So, nun bin ich also hier…. Wie die Zeit vergeht, „gestern“ noch Leid wegen Ed, „heute“ im Kloster durch Elmars Tipp. Heute war ein aufregender Tag, ich wollte allerdings noch nicht an den Zeremonien [den feststehenden Morgens- und Abends-Meditationen] teilnehmen, etwas hemmt mich noch. Vermutlich, weil Alles noch so neu ist. Ich kenne mich gar nicht aus. Dass Alles so einen strengen formellen Rahmen hat, hat mich überrascht und auch verschreckt. Unangenehm ist es mir aber noch nicht hier. Morgen werde ich mal schauen, wie es hier weiter geht. Morgen soll das Fernsehen kommen, mit einer Reportage. Vielleicht kann ich mich morgen mit Jemanden unterhalten, der sich ein bisschen mit den ‚Sachen‘ [dem Buddhismus] auskennt. Gerade höre ich Radio und das ist schon recht schräg! Irgendwie unwirklich. Ich befinde mich in ‚Tibet‘ mitten in der Eifel und das Kloster umgibt eine Atmosphäre, wie eine Seifenblase, abgeschirmt, aber immer noch zugänglich und nicht abgeschottet. Das Kloster ist ganz anders, als ich dachte. Ich hatte es mir so vorgestellt, dass es abgelegen liegt, am besten noch auf einem Berg, ringsum Natur und weit und breit nichts Anderes. Kloster -Himmel – Natur! Und was ist?!? MITTEN im Dorf!!!! Fast direkt neben der Kirche, aber direkt neben dem Kloster ein kleines Kapellchen. Das Kloster ist kleiner, als ich dachte und hat eine sehr private, angenehme Atmosphäre.

22:36 Uhr
Elmar war heute Nachmittag hier. Wir haben uns hier auf der Terrasse getroffen. Ich war freudig überrascht und empfand ihn als sehr feinsinnigen zuvorkommenden Menschen. Wir waren zusammen unterwegs und haben viel geredet und viel gelacht. Es war genau das Richtige für den Ankunftstag. Ich habe mich sehr wohl gefühlt und den Nachmittag und Abend sehr genossen. Ich höre immer noch Radio und stelle fest, dass ich spirituell absolut nicht angehaucht bin. Das Leben kriegt mich wieder!!! Der PC fehlt mir gar nicht. TV auch nicht. Meine Kleine ist bestens aufgehoben und ihr geht es gut.

23:13 Uhr
Ich habe mir noch mal beide Zeitschriften des Klosters angeschaut. Mehr als interessant. Aber ich bin müde und werde das Bett jetzt mal testen.

7 Tage Stille

 7 Tage „Stille“

 Tagebuch

copyright by M. K.

Vorwort

Vermutlich sollte ich vorab etwas erklärend erzählen, wie es dazu kam, dass ich die Chance und den Weg der totalen, naja, nicht ganz totalen,  Abge- schiedenheit gewählt hatte. Irgendwann gelangt man an einen Wendepunkt in seinem Leben. Bei mir war das langfristig betrachtet, die gescheiterte Ehe, die Scheidung und das ganze Drumherum, dass mich mehr mitgenommen hatte, als mir lieb war und als ich verkraften konnte.

Die Chance die sich Einem bietet, wenn man versucht offen zu bleiben und nicht direkt Alles abwehrt, ist enorm. Gleichgültig in welcher Lebenslage man sich befindet, man hat immer die Wahl der zwei Entscheidungen. So bot sich mir also die Wahl, entweder dort weiter zu machen, worin ich gerade steckte, in tiefen Depressionen und Süchten (Alkohol und Tabletten), in Verzweiflung und dem Suizidwunsch, trotz meiner Tochter, oder aber die Abgeschiedenheit eines buddhistischen Klosters, die innere und äußere Ruhe und das Gefühl, eingebettet zu werden in Frieden.

Ich entschloss mich für letzteres.

So nahm ich Kontakt zu diesem Kloster auf, dessen Adresse mir ein lieber Mensch, natürlich wie Alles im Leben, „rein zufällig“ gab und mir beschrieb, wie schön es dort sei. Ich hatte ein nettes und auch beruhigendes Telefonat. Kurzerhand ließ ich ein Appartement reservieren und eine Woche später befand ich mich in „Tibet“ mitten in der Eifel.

Ehrlich gesagt, hatte ich schon Bedenken. Das Kloster hatte sozusagen Leerlauf. Kein Seminar stand an und ich war die einzige Person, bzw. der einzige Gast im Kloster.
Ich hatte die 7 Tage erwischt, in denen nicht Irgendetwas stattfand. Auch wieder so ein „Zufall“. Bedenken hatte ich, was in mir hoch kommen könnte, wäre ich dort total alleine mit mir. Kannte ich mich noch so gut? Oder gäbe es irgendwelche überraschenden emotionalen  Ausbrüche, denen ich nicht gewachsen war, gerade in meiner Verfassung? Käme ich damit klar? Was wäre, wenn es mir noch schlechter gehen sollte? Was wenn ich, wie früher als junges Ding, wieder absolutes Heimweh bekäme und todunglücklich wäre?
Ich machte mir etliche Gedanken und hatte ein leichtes mulmiges Gefühl im Bauch, aber es musste sich etwas ändern, so konnte es nicht weiter gehen!

Die Hinfahrt war wie eine Fahrt ins Ich. Zuerst Autobahn, immer geradeaus, dann die Abfahrt und ein Wirrwarr an Orten, Schilder, Kurven, tiefe Täler mit tiefgrünen Schluchten, Berge, Bergspitzen die den Himmel berührten, Serpentinen, die einer Achterbahnfahrt gleich kamen und irgendwann waren wir dort. Mitten im Dorf! Das hatte ich mir aber anders vorgestellt.

Ein Kloster, ein buddhistisches, auf einem Berg gelegen, in dem man aus der Tür tritt und mitten in der freien Natur steht. So dachte ich, ist es dort.
Friedlich, ruhig, dem Himmel so nah.

Natürlich war es anders! Nebenan eine kleine Kapelle, die Straße runter eine sagenhafte Kirche und das Kloster sonnengelb mittendrin. Rollsplitt knirschte unter den Reifen und wie ein kleines Lied knisterte es. War ich aufgeregt? Nein, aber ich freute mich.

Als wir ausstiegen und uns umschauten, war außer einem Mann (dem Hausmeister), der das hochgewachsene Gras abmähte, Niemand zu finden.  Recht überraschend und irgendwie auch wieder nicht so, wie ich erwartet hatte, aber ich hatte mir auch vorgenommen, Alles mit einer gewissen Art der Gelassenheit anzugehen und die alte „mel“ mal zu Hause zu lassen. Ich konnte ja nichts mehr verlieren, ich hatte nichts mehr zu verlieren. Und wenn man einmal in einer solchen Lage ist, sich dessen bewusst ist, wird man trotz Allem ruhig.

Das Kloster war leer und der Hausmeister und die gute Fee (die Putzfrau) nahmen uns in Empfang. Es war Zeit für neue Erfahrungen.
Wie ich diese „7 Tage Stille“ verbracht habe, welche Gedanken mir durch den Kopf gingen, habe ich aufgeschrieben…